Wieder ist ein Jahr vergangen (angesichts der politischen Verhältnisse sicher keins, dem ich nachtrauern werde). World Bread Day 2018 ist da, und Zorra und ihrem Kochtopf ist es zu verdanken, dass eines unserer ältesten und wichtigsten Nahrungsmittel mit einem Blog-Event gebührend gefeiert wird.
Wie Polnisches Kartoffelbrot, Pane Siciliano und Schwäbisches Kartoffelbrot bei früheren WBDs, stelle ich euch wieder eins meiner Lieblingsbrote vor: Gerstenbrot
Das Rezept stammt von Marie-Claude, einer französisch-amerikanischen Bloggerin, von deren interessanter Blog „Farine“ mich schon oft inspiriert hat.
An Marie-Claude bewundere ich nicht nur ihre kenntnisreichen Beiträge und wunderbaren Brote, sondern auch die Art und Weise, wie sie mit einem schrecklichen Schicksalschlag umgegangen ist. Ihr kleiner Enkel Noah ist nämlich eines der Kinder, die bei dem berüchtigten Massaker in der Sandy-Hook-Elementary School in Connecticut erschossen wurden.
Ihren Schmerz und ihre Trauer hat sie damals mit ihren Lesern auf ihrem Blog geteilt, und sich so sicher ein kleines bisschen Leid von der Seele geschrieben.
Brotbacken hat zum Glück etwas wirklich Tröstliches und Harmonisierendes an sich. Es tut der Seele ganz einfach wohl.

Farines Gerstenbrot schmeckt nicht nur ausserordentlich gut, sondern ist auch in anderer Hinsicht bemerkenswert.
Für den Sauerteig wird das Anstellgut mit einer Mischung aus Milch und Buttermilch bzw. Joghurt angerührt, und der Anteil vorfermentierten Mehls im Starter ist deutlich grösser als die Mehlmenge im Hauptteig.

Als No-Knead-Bread wird das Gerstenbrot zwar im Topf gebacken, aber in den kalten Ofen gestellt, sodass es seinen Ofentrieb langsam, mit ansteigender Hitze, entwickelt.
Nach der halben Backzeit wird es dann aus dem Topf genommen, damit es genügend bräunen kann.

GERSTENBROT (nach MC Farine)
Starter
160 g Weizen-ASG (100% hydriert/TA 200)
100 g Milch
200 g Buttermilch (oder Joghurt)
200 g Weizenmehl Typ 550
Hauptteig
120 g Weizenmehl Typ 550
100 g Gerstenmehl (Nacktgerste)
9 g Salz
1. TAG
In einer grossen Schüssel Anstellgut mit Buttermilch (oder Joghurt) und Milch verrühren (Schneebesen). Mehl dazugeben und gut vermischen (dänischer Teigrührer oder Holzlöffel). Zugedeckt an einem kühlen Ort 12 Stunden (über Nacht) stehen lassen.

2. TAG
In einer kleinen Schüssel Weizen- und Gerstenmehl mit Salz verrühren. Mehlmischung in die Schüssel mit dem Starter geben und (mit dänischem Teigrührer oder per Hand) mischen, bis alles Mehl durchfeuchtet ist. Zugedeckt 10 Minuten lang ruhen lassen.

Teig in der Schüssel (mit nassen Händen oder Teigschaber) im Kreis herum 8 x strecken und falten. 10 Minuten ruhen lassen, dann die gleiche Prozedur noch 3 weitere Male wiederholen. (Der Teig wird dabei zunehmend mehr Widerstand leisten).
Nach dem letzten Falten 1 Stunde zugedeckt ruhen lassen.


Teig auf eine leicht bemehlte Arbeitsfläche geben. Zu einem runden Laib formen, dann mit der Naht nach oben in (sehr gut bemehltes) Gärkörbchen legen.
Zugedeckt 3 – 6 Stunden (bei mir hat es jedesmal etwa 3 Stunden gedauert) reifen lassen, bis der Teigling sein Volumen verdoppelt hat, und eine mit dem Finger sanft eingedrückte Delle sichtbar bleibt. (Ofen nicht vorheizen!)


Brot auf ein grosses Stück Pergamentpapier stürzen (nicht zu zaghaft, damit es nicht im Korb kleben bleibt!). Wie gewünscht einschneiden.
Pergamentpapier zu einer Schlinge zurechtschneiden (um Faltenbildung im Topf zu vermeiden). Mit Hilfe der Schlinge in einen (nicht vorgeheizten) schweren Topf befördern.


Topf mit Deckel zudecken und auf die unterste Schiene in den kalten Ofen stellen.
Temperatur auf 245ºC einstellen. 35 Minuten lang backen, dann Brot mit Hilfe der Schlinge aus dem Topf heben und in eine flache Pie- oder Kuchenform legen

Brot zurück in den Ofen stellen, Temperatur auf 225ºC herunterschalten und in weiteren 20 Minuten goldbraun backen. Das Brot soll hohl klingen, wenn man den Boden beklopft und die Innentemperatur mindestens 91ºC betragen.

Und ich hab den WBD mal wieder verpasst. Schönes Brot!
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Danke, Ulrike! Ich hätte es auch beinahe nicht geschafft.
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Tolles Brot und so schön eingeschnitten. Da muss ich noch üben. Farines Blog lese ich auch gerne. Danke dir fürs Mitbacken am WBD.
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Danke für’s jährliche Ausrichten, liebe Zorra!
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Schön, dein Gerstenbrot, Buttermilch mag ich sehr gern im Brot!
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Danke, Christine. Ich auch!
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Hallo!
Was bitte ist Weizen ASG 100% hydriert TA? Und was ist Anstellgut? Bin eigentlich eine erfahrene Köchin und Bäckerin, aber das habe ich noch nie gehört.
Danke
Tamara
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Hallo, Tanja, gut, dass du fragst. Es ist „Brotbäckerlatein“.
Anstellgut (ASG) ist dein reifer Starter, mit dem du deinen Sauerteig ansetzt.
100% hydriert: der Sauerteig besteht aus ebenso viel Wasser wie Mehl. Deutsche Bäcker benutzen den Begriff Teigausbeute (TA), den ich noch unverständlicher finde, als Hydratation. Ein Sauerteig, der aus 50% Mehl und 50% Wasser besteht, hat eine Teigausbeute (TA) von 200.
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Eigentlich finde ich den Eifer, deutscher Hobbybäcker, Fachsprache für ihre Blogs zu benutzen, auch etwas übertrieben. Leser sollten den Inhalt verstehen können, ohne auf ein Lexikon zurückgreifen zu müssen. Das hat mich auch schon als Medizinstudentin gewundert, wieviel verständlicher englische Fachbücher waren als deutsche.
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Liebe Karin,
Dein Rezept klingt super, und ich wollte es gleich morgen nachmachen. Warum im kalten Backofen, ich heize meinen Gusseisentopf vorher auf. Wäre sehr dankbar auf Deine Antwort! Lieb Grüße, und bleib gesund! Nasiba
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Danke, Nasiba! Ich heize den Topf im Allgemeinen auch vorher auf, aber Farine, von deren Blog dies Rezept stammt, sagt, es sei nicht nötig und kalkuliert das langsame Heisswerden mit ein. Du kannst deinen Topf sicher vorheizen, musst dann eventuell von der Backzeit 5 Minuten, oder so, abziehen.
Viel Erfolg, und lass mich wissen, was du davon hältst.
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Liebe Karin,
Vielen lieben Dank für Deine rasche Antwort! Ich werde es mit vorgeheiztem Ofen ausprobieren, und werde Dir baldmöglichst Bescheid geben.
Liebe Grüße, und bleib gesund!
Nasiba
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